Fahrt in den Jostedalsbreen Nationalpark

Ein paar Tage in Südnorwegen unterwegs

Superlative zum Anfassen: Eisenbahnerlebnis mit 55% Steigung, Erlebnisgletscher im Jostedalsbreen Nationalpark und die steilste Pendelseilbahn der Welt in Loen.merken
Autor: B. Specht, 2023

Eine kleine Norwegenreise - ideal zum Reinschnuppern in die Fjorde

Kongsvinger - Geilo - 290 KM
​Die Fahrt startet bei trocknem, sonnenlosem Wetter und bei Kongsvinger fing es an zu regnen.
Kurvenreiche Straßen, sehr gut gepflegt und mit einigen Geschwindigkeitsbeschränkungen, bis runter auf 60 Km/h.
Der Regenvorhang ließ stellenweise nur die herrlichen, massigen Gebirgszüge vermuten.
Ein riskantes Überholverbot vor einer Kurven Schikane, die es sehr oft auf diese Strecke gibt: Vor einer scharfen Kurve erscheint ein Schild mit einem Pfeil je Richtung, dazwischen ein schwarzer Balken.
Des Rätsels Lösung kommt nach rund einhundert Metern. Die Fahrbahnmarkierung – in Norwegen sind die Mittelstreifen gelb – wird zu einer doppelten, durchgehenden Linie. Kurz darauf eine straffe Markierung und dann sind die Betonwände zu sehen. Die Fahrbahnen werden durch dreieckige Betongebilde getrennt, damit niemand auf die Gegenfahrbahn kommt.
Der Wagen setzte hinter uns zum Überholvorgang an, die beiden durchgezogenen Streifen schienen nicht für den Fahrer zu gelten, mit Vollgas schiebt er sich an uns vorbei und dann noch an dem niederländischen Wohnwagengespann vor uns. Gas, Tempo, das Gespann bremst ab und ich sehe wie das überholende, norwegische Fahrzeug, schon auf der straffierten Linie, unmittelbar vor dem Betonpfeiler, rechts überzieht. Es ist noch einmal gut gegangen, der Schrecken sitzt in den Gliedern und der Norweger scheint vermutlich einen ordentlichen Adrenalinschock bekommen zu haben.
Kurze Zeit später erreichen wir unser erstes Ziel dieser Reise: der Wintersportort Geilo.
Geilo-Aurland mit Flåmban - 115 KM
Neben uns am Frühstückstisch sitzt Schnuffi, der sein immer wiederkehrendes leicht schwerfälliges Atmen durch die Nase mit einem Quäntchen Nasenschleim zu verbinden scheint, welches ein schleifendes Geräusch erzeugt, dass uns im gleichbleibenden Abstand begleitet. Sein Mitfahrer, die beiden sind mit dem Fahrrad unterwegs, scheint das nicht zu stören, dessen rechte Hand gleitet zielstrebig über die Oberfläche seines Tablets, während die linke ihn zielsicher und tropfenfrei mit Müsli aus der seitlich stehenden Schale versorgt. Ich vermute, dass er nicht weiß was er momentan von seiner Zunge ertasten lässt und darauf vertraut, dass seine Zusammenstellung am Büffet auch der Zunge und seinen Geschmacksknospen zusagt. Er könnte Siri fragen, aber bleibt doch an seiner Lektüre haften.
Das Wetter meint es heute gut mit uns. Die Freude auf die Fahrt nach Flåm, auf der Reichsstraße 50 von Hol nach Aurland, scheint ein Erlebnis zu werden. Sanft gewundenen Straßen geben abwechselnd den Blick frei auf glasklare Seen und steil empor kletternde Felsen, die von einer erstaunlichen Flora bewachsen sind. Wir passieren auf dieser Strecke die ersten Tunnel, allesamt mit unterschiedlicher Länge. Teilweise sehr schwach beleuchtet und wenn eines der Wohnmobile entgegenkommt tastet man sich langsam vor, ob es mit der Breite so passt - ohne anzuhalten. Etwas Luft ist immer. Zur Not kann man den Spiegel einklappen. Die schroffen, naturbelassenen Felsen, kratzen gedanklich schon am Lack, doch letztendlich ist auch diese 90 Km lange, mautfreie Passage mit den herrlichen Eindrücken schadensfrei an uns vorbei gegangen. Wenig Verkehr und dennoch werden wir des Öfteren ausgebremst. Vierbeinige Wollknäuel lassen sich auf der Straße nieder, genießen die sonnengewärmte Asphaltdecke und schauen wiederkäuend und fragend, was wir hier denn wollen, zu uns auf. An ihrer Seite pubertierende Lämmer. Dass wir um sie slalommäßig herumfahren müssen, scheint sie eher zu amüsieren. Ich meine, bei einem Schaf ein schalkhaftes Grinsen erkennen zu können. Vielleicht habe ich mich auch geirrt. Gedanken an Schottland werden wach. Dort wie auch hier sind den „Revieren“ der Wolllieferanten durch Gitter in den Straßen Grenzen aufgezeigt. Hier würden sie sonst in einem der Tunnel verschwinden, was für niemanden spaßig wäre.
Am Meeresspiegel angekommen steuern wir das nächste Ziel, die Flåmban, an.
Nach der Fahrt mit der Flåmban geht es nach Aurland, wo wir für diese Nacht eine nette Unterkunft gefunden haben, in einem ehemaligen Bauernhof bewohnen wir eine kleine Ferienwohnung und genießen bei dem Abendessen den Blick auf das imposante Gebirge auf der anderen Seite des Wildbachs.
Aurland - Loen - 195 KM
​Der nächste Morgen begrüßt uns mit herrlichem Sonnenschein. Um es vorweg zu nehmen, wir haben ihn den gesamten Tag über uns, heizt teilweise bis auf 25° ein. Ein schneller Kaffee, das Auto gepackt und um 08:00h rollen die Räder nach Aurland. Kurz noch zwei frische Croissants und zwei schmackhafte, saftige, mit äußerer Knusperhaut umgebene Brötchen, in der Bäckerei kaufen. Mit 140,-- NOK sind wir dabei. Ein wohl allgemein gültiger Kurs im Land der Tunnel und Trolle.
Sofort hinter Aurland, direkt nach der zweiten Ausfahrt des Kreisverkehrs, beginnt der längste Straßentunnel der Welt, der Laerdaltunnel. Die nächsten 25 KM sehen wir Norwegen von unten – oder auch nicht.    
Wieder Licht am Ende des Tunnels, raus und sofort links auf die E 5 Richtung Førde, erneut ein Tunnel und dann zur Fähre Fodnes – Mannheller, die uns 86,-- NOK kosten wird. Für die Fährüberfahrt haben wir uns bereits bei FerryPay angemeldet. Wer eine Tunnelphobie hat sollte seine Norwegenreise sehr intensiv planen.
Unser erstes Ziel für den heutigen Tag ist das BreMuseum, das Gletschermuseum in Fjaerland, in Sichtweite von der E 5 aus. Ein beeindruckendes Museum, sehenswert für Kleine und Große.
​Weiter geht es Richtung Norden, auf der E 5 bis Skei, dann auf der weniger gepflegten Straße bis nach Loen, wo wir unser Nachtlager im Hotel Alexandra aufschlagen.

Briksdalsbreen - Jostedalsbreen Nationalpark
Heute ein Tag um Chillen, naja, etwas gibt es doch zu tun. Briksdalen heißt das Ziel. Eine der schönsten Reiseabschnitte auf unserer bisherigen Strecke, rein in die 25 KM lange Sackgasse und sich von der Natur überwältigen lassen, inklusive Briksdalsgletscher und TrollCar Fahrt. Danach von null auf 1.000 Meter in fünf Minuten mit dem Skylift in Loen, wobei das zusätzliche Highlight ein Bad im Innvikfjord ist, direkt vis a vis dem Hotel. Ein besonderes Erlebnis, auch wenn die Ostsee bei uns Zuhause vor der Tür liegt. Hier tauchen wir ein und das milchig grüne Gletscherwasser, welches weiter westlich im Fjord die Allerweltsfarbe annehmen wird. Es ist kühl, nicht kalt, eher erfrischend, was zu den 25° Lufttemperatur und dem herrlichen Sonnenwetter ideal passt.
Stryn - Florø - Brekke - 290 KM
​Mit 61° 54‘ N und 6° 43‘ O haben wir Stryn und gleichzeitig den nördlichsten Punkt unserer kleinen Norwegenreise erreicht, fahren den Nordfjord entlang Richtung Måløy, mit dem Ziel Bergen. Die alte Hansestadt an der Atlantikküste, Start- und Zielhafen der legendären Hurtigruten, die seit 2022 einen Mitbewerber hat. Das Navi, oje, das lassen wir lieber aus, will uns auf die Fähre von Lote nach Anda  führen, geplant haben wir jedoch Ståheim - Iasane. Also aufgepasst und der eigenen Planung folgen. Der Stauraum für die Fähre ist schwach besucht, vor uns ein deutsches Wohnmobil, 15 Minuten vor der Fährabfahrt nimmt der Angler noch die Rute aus dem Wagen und setzt sich an die Kaimauer. Was das soll? Ich weiß es nicht, fahre auf die Nebenspur, weil ich befürchte, dass der Fischer und sin Fru nicht alles gepackt haben werden, bevor die Fähre abfährt. Regen zieht auf, der den Angler dazu bringt, die Rute und das restliche Hobbygepäck einzupacken und ins trockene Ferienhaus auf Rädern zu wechseln.            
Die Fährfahrt ist schnell erledigt und am Hafen biegen wir als einziges Fahrzeug nach links ab, Richtung Förde, mit dem vorherigen Ziel Flotø, wo wir nach einem – dem besten auf der bisherigen Tour – Latte Macchiato uns auf den Weg zum nächsten Tagesziel machen: Brekke
Ab Förde wird der Verkehr dichter, wir kommen auf die E 39, die Bergen mit Ålesund und den anderen Orten der Westküste verbindet. Die Straßen teilweise recht eng, einspurig für kurze Zeit, mit entsprechenden Ausweichstellen, und die Fähre in Lavik ist schon eine andere Hausnummer als die kleineren Fähren der letzten Tage. Schon etwas in die Jahre gekommen, jedoch mit einer großen Ladekapazität ausgestattet, schnurrt sie geradezu in 20 Minuten auf die andere Seite. Jetzt noch 6 KM bis zu unserem Hotel in Brekke.
Brekke - Bergen - 130 KM
Der kürzeste Weg zum heutigen Ziel, die Hansestadt Bergen, ist über die E 39 und beträgt 105 KM.
Wir fahren anders, auf kleinen Straßen entlang dem Sognefjord bis nach Rutledal und von dort über Sløvåg mit der Fähre nach Leirvåg und weiter in die alte Hansestadt Bergen, gerade einmal 25 KM mehr, jedoch durch die Fähre auch zeitintensiver – aber es lohnt sich. Vorausgesetzt man mag kleine Straßen, ist auch bereit dem Gegenverkehr Vorfahrt zu geben und hofft, dass keine LKW oder Busse den Weg für sich entdeckt haben, denn dann könnte die Fahrt im Rückwärtsgang zum nächsten Ausweichpunkt Vorrang haben. https://goo.gl/maps/1kpurYqyCmG44sxu7
Unser Hotel liegt im Zentrum, das Parkhaus knapp 200 m entfernt, Übernachtungskosten für das Auto: 303,-- NOK / 24 Stunden. Sieht nach einer guten Rendite für die Immobilie aus. Wer Parkhäuser in den größeren und großen Städten Skandinaviens aufsucht, wird sich an ähnliche Preise schnell gewöhnen müssen.
Am nächsten Tag nehmen wir die Fähre von Bergen nach Hirtshals in Dänemark.