Oberharzer Bergwerkstadt aus dem Dornröschenschlaf erwacht?
Ein kleines Paradies, idyllisch, verträumt gelegen. Geht man heute durch den mit weniger als eintausend Seelen bewohnten Ort, bekommt man den Eindruck, dass hier eine Generation der Wirtschaft die Substanz entzogen hat. Verfallene Gebäude, eine fehlende Infrastruktur, kaum Reinvestitionen für den Erhalt, den Ausbau der touristischen Qualität. Und dann, gerade als man feststellen muss, dass der touristische Zuspruch für Wildemann und andere Orte des Westharz stagniert kommt auch noch die Wende. Danach wurden erst einmal dem Ostharz Mittel gewährt, für den Ausbau, für den touristischen Aufbau. Das war ein Dolchstoß für den Westharz, für viele kleine und beliebte Orte wie Wildemann. In 2010 wurden dem einst idyllischen Ort auch noch die Rechte als Luftkurort aberkannt. Vorher nichts investiert und jetzt eine zerstörte Touristik. Da sollten die Verantwortlichen der siebziger, achtziger und neunziger Jahre einmal zurückblicken. Werden sie feststellen, dass sie Fehler gemacht haben, die jetzt in Form baufälliger Objekte ans Tageslicht gelangen?
In 2015 wurde der Ort der Universitätsstadt Clausthal-Zellerfeld zugeführt und gehört zum Landkreis Goslar. Mit einer Lage von 520 m über NN ist die Wintersaison recht kurz geworden, aber existent. Ich kenne Wildemann seit meiner Kindheit, habe viele schöne Erinnerungen daran. Erinnerungen, die mit gehörigem zeitlichem Abstand auch mehr Farbe bekommen und vielleicht sogar etwas schöner wahrgenommen werden als sie waren. Die letzten Jahre habe ich Wildemann des Öfteren besucht, habe die Hotels gesehen, wo ich mit meinen Eltern die meisten Sommer meiner jungen Jahre verbracht habe. In einem habe ich noch vor rund acht Jahren gewohnt. Die Tapeten im Zimmer und die Kacheln im Bad kamen mir so vertraut vor. Zwei Jahre später konnte ich das Hotel nur mit zerborstenen Scheiben sehen. Auch heute, 2020, sieht es verlassen aus, wenngleich die Fenster wieder Glas und das Gebäude ein neues Dach bekommen haben. Ein privater Investor, so heißt es im Ort, will das Hotel umbauen und für sich nutzen. Daneben eine alte Pension, die zu einer Gruppenunterkunft umgebaut wird. Autor: B. Specht, 2020